Von Brokkoli und Bilanzen: Wie TÜV Süd Nachhaltigkeit global denkt
Shownotes
Vom Ingenieur zum Nachhaltigkeitsmanager
Joachim Sandts Weg ins Nachhaltigkeitsmanagement begann mit einem Umweg: Nach einem BWL-Studium wechselte er zum Studium des Technischen Umweltschutzes in Berlin. Dort vertiefte er sich in Themen wie Umweltmanagementsysteme und Ökobilanzierung – damals noch ein rein akademisches Feld ohne klare Berufsperspektiven. Seine berufliche Laufbahn startete er bei einem niederländischen Unternehmen, wo er internationale Klimaschutzprojekte auf Basis des Kyoto-Protokolls entwickelte. „Das war der Moment, als ich erkannte: Nachhaltigkeit ist wirklich ein globales Thema“, erinnert sich Sandt. Später arbeitete er für Beratungsunternehmen sowie einen großen Telekommunikationskonzern, bevor er Anfang 2025 zu TÜV Süd wechselte. „Die Möglichkeit, in einer Organisation zu arbeiten, die Nachhaltigkeit seit ihrer Gründung vor fast 160 Jahren tief verankert hat, war für mich besonders reizvoll“, erklärt Sandt. Heute verantwortet er dort das interne Nachhaltigkeitsmanagement eines weltweit tätigen Konzerns mit rund 30.000 Mitarbeitenden an mehr als 4.000 Standorten.
Globale Strategie – lokale Wirkung
Eine zentrale Herausforderung im globalen Nachhaltigkeitsmanagement sieht Sandt darin, eine Balance zwischen Top-down-Vorgaben und Bottom-up-Initiativen zu finden: „Sei mutig, hör zu. Manchmal muss man aber auch eine Entscheidung durchsetzen. Das ist wie bei meinen drei Kindern. Da muss ich auch hin und wieder sagen: ‚Ich habe dein Argument verstanden, aber trotzdem wird jetzt auch Gemüse gegessen‘ – manchmal gibt es halt auch Brokkoli.“
Das bedeutet, dass es klare Ziele und Governance-Strukturen braucht. Gleichzeitig setzt TÜV Süd auf regionale Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die lokale Besonderheiten berücksichtigen können. Ein Beispiel dafür ist das Konzept der „Mini-Nachhaltigkeitsabteilungen“ in Regionen wie Indien oder Spanien: Dort werden Teams aufgebaut, die sowohl interne ESG-Ziele umsetzen als auch Dienstleistungen weiterentwickeln – immer abgestimmt auf die jeweiligen regionalen Gegebenheiten. Globale Strategien müssen flexibel genug für lokale Anpassungen sein.
Sandt ist besonders stolz darauf, dass es gelungen ist, den Fokus von reinen Reporting-Pflichten hin zu strategischem Handeln zu verschieben: „Nachhaltigkeit sollte nicht nur dokumentiert werden; sie muss aktiv gelebt werden.“
Herausforderungen im Alltag eines Global Head of Sustainability
Im Gespräch hebt Joachim Sandt hervor, dass viele Herausforderungen stark regionsabhängig sind: • Einfache Maßnahmen: Lokale Projekte wie Energieeffizienzmaßnahmen oder Solarinstallationen an Testzentren lassen sich oft unkompliziert umsetzen. • Komplexe Themen: Der Bezug von Grünstrom gestaltet sich hingegen gerade in Asien schwierig; ebenso stellen Reisen durch technische Prüferinnen und Prüfer einen unvermeidbaren CO₂-Treiber dar. • Abfallentsorgung: Während Abfallmanagement vielerorts etabliert ist, bleibt es insbesondere bei Büroflächen herausfordernd – auch in Europa.
Sandt betont dabei stets den Wert lokaler Initiativen: „Selbst kleine Projekte wie Bienenhotels können dazu beitragen, Kolleginnen und Kollegen vor Ort einzubinden.“ Diese persönliche Identifikation sei essenziell für den Erfolg einer nachhaltigen Unternehmenskultur.
TÜV Süd steht laut Joachim Sandt für Vertrauen durch Verlässlichkeit – eine Haltung mit tiefem historischen Fundament. Von der ersten Kesselprüfung bis hin zur Zertifizierung moderner Windkraftanlagen zieht sich dieses Leitmotiv durch alle Geschäftsbereiche des Unternehmens.
Sandts langfristiges Ziel? Dass nachhaltiges Wirtschaften irgendwann so selbstverständlich ist wie finanzielle Steuerungssysteme heute. „Wenn ich meinen Job gut mache,“ scherzt er abschließend augenzwinkernd, „dann schaffe ich mich selbst ab.“
Links:
Haufe Sustainability: www.haufe.de/sustainability
Nachhaltigkeit bei TÜV Süd: https://www.tuvsud.com/de-de/themen/nachhaltigkeit/unser-engagement
Shifting Minds auf allen Plattformen:
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