Nachhaltigkeit zwischen Finanzströmen und Verantwortung
Shownotes
Vom politischen Quereinsteiger zum Chief Sustainability Officer (CSO)
Dr. Andreas Grubers beruflicher Werdegang ist alles andere als geradlinig – und genau das macht ihn so spannend. Mit einem Studium und einer Promotion in Politikwissenschaft sowie Erfahrungen in Public Affairs, Lobbying und strategischer Beratung bringt er eine untypische Perspektive in seine heutige Rolle ein. „Ich bin ein sehr politischer Mensch“, erklärt Gruber, der auch als Gemeinderat tätig war. Diese politische Prägung habe ihm geholfen, die Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Politik zu verstehen – eine Fähigkeit, die sich nahtlos auf das Nachhaltigkeitsmanagement übertragen lasse.
Sein Einstieg ins Thema Nachhaltigkeit kam für ihn selbst unerwartet: „Mein damaliger Vorgesetzter meinte: ‚Du machst doch Politik – da passt Nachhaltigkeit doch gut dazu‘.“ So entstand bei der DKB zunächst eine kombinierte Einheit aus Public Affairs und Nachhaltigkeit – oder wie Gruber es augenzwinkernd nennt: „die helle und dunkle Seite der Macht in einer Funktion vereint“.
Die drei Aufgabenbereiche eines CSOs
Als Chief Sustainability Officer sieht sich Andreas Gruber vor allem drei zentralen Aufgaben verpflichtet:
- Interpretation eines dynamischen Umfelds Das ESG-Umfeld sei geprägt von externen Faktoren wie Klimawandel, Regulierungen oder geopolitischen Entwicklungen. Für die DKB bedeutet dies vor allem eins: Orientierung schaffen. „Meine Aufgabe ist es, für den Vorstand zu interpretieren, was kommt – wo müssen wir uns anpassen? Was bedeutet das für unsere Strategie?“ beschreibt er seine Rolle als Bindeglied zwischen externem Wandel und interner Umsetzung.
- Steuerung einer Querschnittsaufgabe Anders als früher hängt Nachhaltigkeit nicht mehr an Einzelpersonen oder Teams; sie ist zur Querschnittsfunktion geworden. In einer Bank bedeutet dies Zusammenarbeit über Abteilungen hinweg – vom Marktgeschäft bis hin zum Risikomanagement –, aber auch Moderation bei Interessenkonflikten innerhalb des Unternehmens.
- Repräsentation nach außen Neben seinen internen Aufgaben repräsentiert Gruber die nachhaltige Ausrichtung der DKB nach außen – sei es gegenüber Journalisten, politischen Akteuren oder Kunden auf Konferenzen. Selbstbewusst sagt er: „Wir sind unter den großen Banken Deutschlands wohl eine der nachhaltigsten.“
Strategie trifft Realität: Herausforderungen im Alltag
Grubers Arbeit wird durch zahlreiche externe Rahmenbedingungen beeinflusst – seien es regulatorische Vorgaben wie die EU-Taxonomie oder praktische Probleme bei Datenanforderungen seitens Banken an ihre Kunden („Wie groß ist das Volumen Ihrer WC-Spülung?“). Trotz dieser Herausforderungen betont er immer wieder den Business Case hinter nachhaltigem Handeln: „Nachhaltiges Wirtschaften führt nicht nur zu weniger Risiken; es bietet auch enorme Wachstumschancen.“
Besonders hervorzuheben sei dabei die Rolle von Banken im Transformationsprozess hin zu Klimaneutralität: „Der Umbau unserer Wirtschaft wird gigantische Summen kosten“, erklärt er mit Blick auf Schätzungen von bis zu 6 Billionen Euro weltweit bis 2030 allein für Dekarbonisierungsvorhaben. Grubers Ansatz dabei? Als Katalysator agieren statt nur passiv begleiten: Die DKB finanziert bereits heute Projekte wie schwimmende Photovoltaikanlagen oder Batterie-Großspeicherprojekte mit Vorbildcharakter.
Banken als Treiber nachhaltiger Transformation
Eine zentrale Frage des Gesprächs drehte sich um die Verantwortung von Banken im Wandel zur klimafreundlichen Wirtschaft. Hierbei nimmt Andreas Gruber kein Blatt vor den Mund: Der Kapitalmarkt werde bewusst genutzt („missbraucht“) für politische Ziele wie Klimaneutralität; gleichzeitig biete dies große Chancen sowohl für Unternehmen als auch Banken selbst. Mit ihrer Expertise könnten Banken innovative Lösungen finanzieren sowie anderen Branchen beratend zur Seite stehen – etwa durch Erfahrungswerte aus erfolgreichen Projekten wie dem Aufbau erneuerbarer Energienetze oder emissionsfreier Mobilitätslösungen für Stadtwerke. Doch diese aktive Rolle bringe auch Spannungsfelder mit sich: Während Kunden oft hohe Anforderungen an grüne Finanzierung stellen („Belohnt ihr unser Engagement durch bessere Konditionen?“), seien regulatorische Hürden sowie komplexe Prüfprozesse weiterhin Stolpersteine im Tagesgeschäft vieler Finanzinstitute.
Ein Ziel vor Augen
Trotz aller operativen Herausforderungen verfolgt Andreas Gruber langfristig ein klares Ziel: Seine eigene Position überflüssig zu machen. Denn seiner Meinung nach sollte Nachhaltigkeitsmanagement irgendwann so selbstverständlich integriert sein wie heute Finanzsteuerungssysteme in Unternehmen. „Wenn jeder Mitarbeitende ein kleiner CSO wäre,“ scherzt er abschließend halb ernsthaft, „dann hätten wir wirklich etwas verändert.“ Bis dahin bleibt jedoch noch viel Arbeit zu tun – sowohl innerhalb seines eigenen Hauses als auch darüber hinaus entlang sämtlicher Wertschöpfungsketten seiner Kunden aus Realwirtschaft und Kommunalwesen.
Dr. Andreas Grubers Vision verbindet Pragmatismus mit Optimismus – zwei Eigenschaften, ohne die modernes Nachhaltigkeitsmanagement kaum erfolgreich sein kann. Sein Appell an alle Zuhörerinnen und Zuhörer lautet deshalb klar: Den Business Case erkennen, Chancen nutzen und trotz Gegenwind Kurs halten!
Links:
Haufe Sustainability: www.haufe.de/sustainability
Nachhaltigkeit bei der DKB: https://www.dkb.de/nachhaltigkeit
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